Hatte ich schon erwähnt, dass ich manchmal ziemlich auf der
Leitung stehe? Ja? Na, macht nichts. Das ist mir nur heute wieder einmal
bewusst geworden... als mir die Wespen mein Balkonbüro streitig machen wollten.
Auf diese Art der Auseinandersetzung hatte ich keine Lust. Und plötzlich fiel
mir ein, dass ich den August eigentlich nutzen wollte, um meinen Lieblingsarbeitsplatz
zu suchen und zu finden. Kann ich ja machen. Ich kann schreiben, wann und wo
ich will. Ich muss mich nur immer wieder mal daran erinnern.
Also habe ich schnell meine Siebensachen zusammengepackt und
mich auf den Weg gemacht. Selbstverständlich ist mein
Lieblingsarbeitsplatz irgendwo draußen zu finden, im Grünen und
vorzugsweise am Wasser. Das ist in Berlin auch gar nicht so schwer. Also bin ich
einfach ein Stückchen stadtauswärts gefahren und schon finden sich jede Menge
schöne Flecken am Wasser. Mein heutiger "Fundort" ist jedenfalls
ziemlich weit oben auf der Bestenliste... naja, stehen auch noch nicht allzu viele
drauf J
Jetzt sitze ich hier direkt am Wasser, genieße Sonne und
freie Sicht, atme frische See- und Waldluft und fühle ich mich wohl. Und da ist
sie wieder, die blitzartige Erkenntnis... Es kann so einfach sein, die Seele mit
positiven Energien zu füttern. "Seelenfutter" – ein schönes Wort, das
ich letztens bei einer Freundin gelesen habe und gleich in meinen Wortschatz
aufnehmen musste. Und damit sind nicht etwa materielle Dinge gemeint, die manch
einen vermeintlich glücklich machen. Die kleistern oft nur die Seele zu und verschleiern
den Blick für die wirklich wesentlichen Fragen oder Überlegungen.
Dabei ist es eigentlich gar nicht schwer, die Seele mit schönen Momenten,
Erlebnissen, Erfahrungen oder Begegnungen zu füttern. Ein entspanntes Frühstück
im Sonnenschein, eine durchgequatschte Nacht am Lagerfeuer, ein ganzer Tag draußen
unterwegs mit Freunden... Es kann so einfach sein. Wir müssen es uns nur
bewusst machen und uns selbst einfach etwas Gutes tun. Obwohl, wenn ich mich in
meinem Freundeskreis so umsehe, scheint es vielen leichter zu fallen, sich
selbst in Frage zu stellen und die eigenen Zweifel zu nähren. Das Thema hatten
wir in der letzten Zeit öfter mal – beim Konzert, am Lagerfeuer, unterwegs im
Auto. Egal, ob am Tag oder mitten in der Nacht und egal, in welcher Besetzung.
Es ist offenbar leichter, die Zweifel anderer beim Namen zu
nennen und ihnen überzeugende Argumente für den besseren Weg zu liefern. Wenn
es um das Wohl anderer geht, scheint plötzlich alles hell und klar. Da ist es
ganz einfach, positives Feedback zu geben, Ideen in leuchtenden Farben auszumalen,
zu bestärken und voranzubringen. Beim Philosophieren über sich selbst geht es häufig
eher in die andere Richtung. Bis jemand in der Runde schmunzelnd zu dir sagt: "Mach
mal so." und sich dabei an die Nasenspitze greift. Meistens braucht es den
Griff an die Nasenspitze gar nicht tatsächlich, weil die Erkenntnis dann
spontan einsetzt. "Ähm ja, du hast ja Recht." Ja, ich weiß, ich
gehöre auch dazu. J
Na immerhin, die Selbsterkenntnis ist schon einiges wert.
Auch wenn dadurch nicht automatisch alles besser wird und es bis zur Umsetzung oft
noch ein kleines oder größeres Stückchen Weg braucht. Aber den Dauerfernsehguckern,
Konsumopfern oder anderen, die sich ohne allzu viel nachzudenken Hirn und Herz
zukleistern lassen, haben wir damit schon einiges voraus. Und was spricht
dagegen, wenn einer dem anderen auf dem Weg der Erkenntnis vorwärts hilft, ihn
anstupst oder ihm unter die Arme greift. Wenn sich jeder um seine Nächsten
kümmert, ist letztlich doch irgendwie allen geholfen. Das muss nicht immer in
der Eins-zu-eins-Variante passieren, das funktioniert auch in einer größeren
Runde. Wenn wir uns untereinander austauschen, uns unterstützen und gegenseitig
voranbringen, helfen wir uns quasi selbst am meisten.
Das ist es doch, was das Besondere im Leben ausmacht – wenn
Menschen miteinander ins Gespräch kommen und füreinander da sind. Und es ist
schön, wenn es menschelt. Daraus ergeben sich überraschende Themen, neue
Denkanstöße, spannende Perspektiven und zum Teil ungeahnte Möglichkeiten. Dabei
muss es nicht unbedingt der beste Freund, nicht das engste Familienmitglied
sein, mit dem wir stundenlang unser Innerstes diskutieren. Manchmal ist es
einfach ein Gefühl, eine gemeinsame Erfahrung oder der passende Moment, der uns
mit jemandem verbindet. Dann finden wir ohne zu fragen eine gemeinsame Ebene.
Wir wissen intuitiv, dass wir uns vertrauen, fallen lassen und gegenseitig auffangen
können. Das sind die Erlebnisse, die das Leben so schön und bunt machen... und
manchmal glitzert es sogar... J
© GB 2016